Über Klimahysteriker und dessen Leugner
Seit Anfang 2007 die ersten Berichte des 4. IPCC-Report veröffentlicht wurde dominiert die Diskussion um den Klimawandel die Wissenschaft und über die Medien auch die Öffentlichkeit. Viel Unsinn und ein bisschen Wahres wurde in dieser Zeit publiziert. Eine drohende Apokalypse in nur wenigen Dekaden ins Bewusstsein der Menschen zu zeichnen, wird kaum zur Aufklärung und zu bewussterem Handeln beigetragen haben. Während bei den sensationsgeilen Schundmedien, die am Anfang am lautesten nach der Katastrophe gerufen haben, das Thema schon längst wieder den Nichtigkeiten des Alltags gewichen ist, geht die Debatte in etwas seriöseren und glaubhafteren Medien weiter.
Nun will ich hier keinen Gesamtüberblick über die Diskussion liefern, ein solcher Versuch wäre bei der Masse von Artikeln, Büchern und anderen Beiträgen zum Thema sicherlich zum Scheitern verurteilt. Wirklich interessierte Menschen werden sich ohnehin bereits selbst einen gewissen Überblick verschafft haben. Ich will viel mehr meinen eigenen Senf zu den beiden in der Überschrift genannten Extremen beitragen und über mein Verständnis von öffentlich, politischer Vermittlung einerseits, und wissenschaftlich, objektiver Forschung andererseits reflektieren.
Die anfängliche Klimahysterie ist nach der ersten Zeit, in der sich die Medien aus Werbegründen gegenseitig mit noch packenderen und erschreckenderen Überschriften zu überbieten versuchten, allmählich wieder abgeflacht. Jedoch bleiben verschiedene Meinungslager in der öffentlichen Diskussion zurück, die sich gegenseitig als HysterikerInnen und LeugnerInnen bezeichnen und auf diese Weise diffamieren wollen. Auf der einen Seite die Anhänger der IPCC, Wissenschaftler denen die Hinweise die für eine globale Erwärmung sprechen ausreichen um von einer Gefahr des Klimawandels zu sprechen. Auf der anderen: viele kritische Journalisten, Wissenschaftler denen die Beweise noch nicht ausreichend sind, aber auch Lobbyisten, die verschiedenen Industriezweigen und Gruppen nahe stehen, denen ein Klimawandel nicht ins Weltbild passt.
Der Klimawandel ist ein hochkomplexes Themengebiet, dessen vollständige Zusammenhänge und Faktoren auch die Wissenschaft noch lange nicht ausreichend erfassen und modellieren kann. Wie schwierig wird es dann für uns Laien einigermaßen gesicherte Aussagen zu treffen und den richtigen Weg zu kennen? Ich selbst bin in meinem Geographiestudium erst vor wenigen Semestern in den Klimakomplex eingetaucht und beginne nach einigen Vorlesungen und Seminaren so langsam etwas grundlegenderes Verständnis aufzubauen. Jedoch auch dies natürlich nur im Rahmen in dem es mir vermittelt wurde bzw. nach den Lehrmeinungen die meine Dozenten und Dozentinnen, mein Institut oder der zeitgemäße wissenschaftliche Konsens eben gerade vertreten. Und natürlich die eigenen Ansichten die ich mir bei der weiteren Beschäftigung mit dem Thema bisher gebildet habe.
Es können sowohl für als auch gegen einen menschlich verursachten Klimawandel wissenschaftliche Argumente vorgeführt werden, die einseitige Berufung auf das Eine oder das Andere sind leider in vielen populärwissenschaftlichen Artikeln, Büchern und Filmen Praxis und führen zur vollständigen Verwirrung interessierter Laien. In dem Film The great global warming swindle beispielsweise werden ganz bewusst Fakten selektiv und einseitig dargestellt um die gewünschte Aussage zu erhalten.
Ein Dozent, bei dem ich im letzten Semester eine sehr interessante und lehrreiche Vorlesung über Paläoozeanographie gehört habe, sagte dazu sinngemäß: Es sei sicher richtig und wichtig, dass in der Wissenschaft in alle Richtungen geforscht und diskutiert werden, für die öffentliche Meinungsbildung sei dieses Durcheinander aber sicherlich nicht sinnvoll, da es einem bewussterem Umgang mit Ressourcen und Klimaschützendem Verhalten im Weg stehe.
Diese Aussage kann ich durchaus unterstützen! Denn selbst wenn der genaue Einfluss des Menschen noch nicht richtig klar ist, die Auswirkungen des steigenden CO2-Gehalts in der Atmosphäre nicht abschließend gesichert sind, bleiben einige Fakten zweifelsfrei: der erhöhte CO2-Gehalt wird durch den menschlichen Einsatz fossiler Energieträger verursacht, CO2 ist ein klimarelevantes Treibhausgas, da dessen Absorptionsbanden im Bereich der langwelligen terrestrischen Strahlung liegen, der Ausstoß fossiler Brennstoffe hat neben der Klimabeeinflussenden auch andere schädliche Umwelteinwirkungen. Außerdem, unabhängig davon, wie lange nun die Reserven von Erdöl und Erdgas noch tatsächlich reichen, endlich sind sie allemal und die ungleiche Verteilung fördert schon heute massive zwischenstaatliche Konflikte und wirtschaftliche Spannungen. Eine zukunftsorientierte Entwicklung kann also nur eine solche sein, die sich nach Alternativen zur existierenden Energiewirtschaft umsieht.
Ob jetzt CO2 in dem Maße zur Erwärmung beiträgt wie manche es sagen, oder ob die Erwärmung durch eine angeblich einsetzende Eiszeit ausgeglichen wird: Die Reduzierung des CO2-Ausstßes kann jedenfalls keinen schädlichen Einfluss auf das Ökosystem Erde haben, soviel ist sicher! Deswegen ist es schädlich hier in der öffentlichen Meinungsmache gegenzulenken und alles nur als die bloße Katastrophenphobie einiger Wissenschaftler und Umweltschützer abzutun.
Anders verhält es sich im wissenschaftlichen Diskurs. Auch hier scheinen sich regelrechte Fronten aufzubauen und einen politisch gewollte Konsens zu konstruiert, der einer Forschung in verschiedenen Richtungen hinderlich ist. Forschung kostet viel Geld, so sind einzelne Forscher und Institute immer auf der Suche nach Geldgebern. Wenn ein zu starker Meinungskonsens besteht, kann auch das die Entwicklung stark bremsen.
Die Zeitschrift Novo beschäftigte sich in den letzten Ausgaben immer wieder mit dem Klimawandel und ging dabei – der eigenen Philosophie folgend – stets kritisch mit dem vorherrschenden wissenschaftlichen Konsens und auch mit der engen Verzahnung von Wissenschaft und Politik um. Dabei kamen beispielsweise der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) und auch das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) eher schlecht weg. Genaue Beobachtung und kritische Grundhaltung ist immer gefordert, inhaltlich sehe ich die Arbeit der beiden genannten Institutionen etwas anders. Trotzdem, ob man die Arbeit im Einzelnen nun für gut oder weniger gut hält, es schadet der freien Wissenschaft wenn deren Ergebnisse von der Politik als Konsens erklärt werden und damit jeder oppositionellen Forschung damit die Anerkennung und Förderung verwehrt. Der Klimawandel ist noch viel zu wenig erforscht um sich bereits auf eine einzige Lehrmeinung festzulegen.
Etwas, das mir bei den Artikeln verschiedener Autoren zum Thema in der Novo aufgefallen ist, dass immer wieder, vielleicht nicht immer explizit aber doch unterschwellig, Position für die Kernenergie oder ein Festhalten an den fossilen Brennstoffen auf Erdölbasis ergriffen wurde. Die Zeitschrift titelt sich jedoch mit dem Zusatz: Argumente für den Fortschritt. Beides, Kernenergie und Petroindustrie sind aussterbende Relikte aus dem letzten Jahrhundert – oder sollten es zumindest sein! – und mitnichten modern. Dafür das Wort zu ergreifen ist nicht fortschrittlich sondern konservativ bis reaktionär!
Übrigens sollte einer Zeitschrift, die sich radikal auf die Freiheit des Menschen beruft, nicht zwei Industriezweige fördern, die extrem monopolistisch organisiert sind und deren Lobbyismus große Macht zulasten demokratischer Grundsätze besitzt. Die Entwicklung erneuerbarer Energiequellen und anderer innovativer Alternativen bieten, neben den positiven Umwelteinflüsse, auch die Möglichkeiten einer demokratischeren und freiheitlicheren Gesellschaftsordnung.
Kernenergie erzeugt zwar keinen CO2-Ausstoß, jedoch das Drumherum, der Bau von Anlagen, die Gewinnung und die höchst problematische Entsorgung radioaktiver Stoffe ist alles andere als CO2-neutral. Welche anderen Risiken mit der „friedlichen Nutzung“ der Kernenergie noch alles verbunden sind, weiß jeder. Im aktuellen Freitag ist es das Thema der Woche.
Die Politik sucht für alles eine schnelle und einfache Lösung. So wird z.B. der steigende Einsatz von Biokraftstoffen schon als durchschlagender Fortschritt gegen den Klimawandel erklärt. Das ist natürlich Unsinn, das Gegenteil ist der Fall. Nicht nur, dass für den Anbau von Pflanzen zur Kraftstoffgewinnung Regenwälder – z.B. in Brasilien und Indonesien – abgeholzt, Flächen die zum Anbau von Nahrungsmitteln gebraucht würden, wegen der höheren Rendite umfunktioniert werden und damit als Monokulturen bewirtschaftet werden. Beim Anbau und der Ernte von Pflanzen für Biosprit werden große Mengen fossiler Energie verbraucht. Von einem geschlossenen, kurzen CO2-Kreislauf kann also hier keine Rede sein. Außerdem zementiert diese Politik de facto die Beibehaltung der Verbrennungsmotoren mit Treibstoffen auf Erdölbasis. Sicher, die Automobilindustrie macht Druck, aber Innovation ist was anderes!
Ein Großteil der Biosprit-Rohstoff-Produktion wird in Schwellenländern geleistet. Dort stehen zum einen die Flächen zur Verfügung, zum anderen können die Bauern dort die Einkünfte sehr gut gebrauchen. Aber auch hierzulande blühen seit Jahren zunehmend mehr Rapsfelder und Mais wird, statt zu Futtersilage, in Bio-Ethanol umgewandelt. Wie ich auf einem Eintrag des ArtenBlog.de erfahren habe, wurde im letzten Jahr vom Wissenschaftlichen Beirat Agrarpolitik ein Gutachten erstellt, das der Biodiesel-Produktion eine recht bescheidene Note im Nutzen zur CO2-Reduzierung ausstellt. Natürlich nicht ohne den Zusatz, dass dieses Ergebniss nicht heiße, der Weg des Biosprits sei der Falsche!